Zum ersten Mal: das Stadtteilplenum Moabit im Theatersaal im 1. Etage des Zillehauses
Lea Körner vom Zilleklub und Birgit Bogner von der Raumkoordination (von links)
Marvin vom Verein We Keez e.V., Katharina Homann vom Moabiter Ratschlag e.V. und Teresa und Steven vom Gangway-Team Tiergarten
Die Moderatorin und Moabiterin Esther Kolbe-Weihmann mit den Quartiersmanagern Tim Kormeyer (QM Beusselstraße) und Eduardo López Ruiz (QM Moabit-Ost)
Die beiden Moabiter Stadtteilkoordinatoren: vorn Jan Tolga Busche (West) und daneben Peter Kapsch (Ost)
Taylan Kurt sitzt für die Grünen im Berliner Abgeordnetenhaus (Dritter von rechts)

Mobile Teams „für Euch unterwegs“ in Moabit

Schwerpunktthema des Stadtteilplenums im November 2023

- von Gerald Backhaus -

Das letzte Moabiter Stadtteilplenum in diesem Jahr fand zum ersten Mal im Gebiet von Moabit-Ost statt. Während die langjährige Veranstaltungsreihe sonst im Westen der Moabiter Insel - im Stadtschloss, der Refo-Gemeinde oder im Zentrum für Kunst und Urbanistik (ZK/U) - beheimatet ist, traf man sich am 29. November 2023 im Theatersaal des neu gestalteten Zillehauses in der Rathenower Straße. Esther Klobe-Weihmann, die früher für den Moabiter Ratschlag e.V. tätig war, moderierte das Plenum wie gewohnt, nur diesmal „als Bewohnerin“. Zu Beginn gab es Begrüßungsworte von Lea Körner, einer Mitarbeiterin der Jugendfreizeiteinrichtung Zilleklub und von Birgit Bogner, die gemeinsam mit Kollegin Melanie Stiewe für die Raumkoordination des Gebäudes verantwortlich ist. Deren Ziel ist es, die Räume bestmöglich mit nachbarschaftlichen Aktivitäten wie Tanzgruppen, Yoga und Chorproben sowie mit Kindergarten- und Seniorengruppen an den Vormittagen auszulasten - wohlgemerkt immer zu den Zeiten, in denen hier keine Jugendlichen durch das Zilleklub-Team betreut werden. Dadurch war auch das Stadtteilplenum hier im Theatersaal möglich. Im Zilleklub gibt es u.a. Hausaufgabenbetreuung, Keramik, Boxen und Fitnesstraining sowie Proben des Theaters 28. Einmal pro Woche wird mit den Jugendlichen zusammen gekocht, und für die Sonntage werden Ausflüge organisiert. Interesse an Raumnutzung - hier der Kontakt zu Birgit Bogner und Melanie Stiewe, E-Mail: smart@artem-berlin.de und Tel. 0177/7423230, und zum Zilleklub – Kinder- und Jugendfreizeiteinrichtung, Rathenower Straße 17, 10559 Berlin, Tel. 030 62208323 (Kinderbereich), Tel. 030 50566739 (Jugendbereich), E-Mail: zille@klubheim-berlin.de, www.klubheim-berlin.de

Mobile Teams unterwegs in den Kiezen: Beispiel We Keez e.V. und der Wintermarkt 2023

Diesmal hatten sich Menschen aus ganz Moabit zum Thema „Mobile Teams“ versammelt. Marvin vom Verein We Keez berichtete über den gemeinnützigen Verein, der im Jahr 2020 von Moabiter Gastronomen gegründet wurde. Das war damals während der Pandemie ganz wichtig, um unter den Corona-Einschränkungen Angebote im Freien machen zu können und als Gewerbetreibende sichtbar zu bleiben. Keimzelle war das Fenster von Perlou in der Perleberger Ecke Rathenower Straße mit dem Glühwein-Verkauf. Unter dem Motto „Moabit rückt zusammen“ stärkt We Keez durch gemeinschaftlich organisierte Kunst- und Kulturveranstaltungen und Kiezspaziergänge den künstlerischen und interkulturellen Austausch innerhalb der Nachbarschaft und das soziale Miteinander. Durch seine zwei regelmäßig organisierten Kiezfeste wurde der Verein bekannt: „Fête de la Musique x Moabit“ am 21. Juni 2023, und den „Dezentralen Moabiter Wintermarkt“, der in den Vorjahren an mehreren Tagen im Dezember stattfand. Dieses Jahr gibt es ihn als Wintermarkt an einem Tag in der Kulturfabrik (KuFa) in der Lehrter Straße. Am 9. Dezember 2023 wird es von 16 bis 22 Uhr Darbietungen auf mehrere Bühnen in den verschiedenen Bereichen der KuFa wie dem Café, dem Filmrauschpalast, dem „Slaughterhouse“ und im Hinterhof geben. Der Außenbereich der Kulturfabrik wird sich in einen schillernden Wintermarkt mit Handwerk, Kulinarik, Mitmachaktionen verwandeln. Mitmachen in dem Verein We Keez mit seinen rund 50 Mitgliedern, von denen 8 bis 12 Leute im Projektteam sind, geht ganz einfach: Mit 21 Euro Mitgliedsbeitrag im Jahr als Einzelperson und als Organisation mit 60 Euro. Kontakt zu We Keez e.V.: https://wekeez.de 

Gangway e.V. – Verein für Straßensozialarbeit

Teresa Fischer und Steven Assadi vom Gangway e.V. – Verein für Straßensozialarbeit in Tiergarten berichteten über ihre vielfältigen Tätigkeiten. Sie sind nicht nur auf den Straßen Moabits unterwegs, um Jugendliche zu treffen, sondern unterhalten auch ein Büro in der Jagowstraße 20. Hauptzeit für die Arbeit auf der Straße sei der Sommer, so Teresa, während jetzt im Winter dagegen „Erntezeit“ sei. Das bedeutet, dass die jungen Menschen sich trauen, selbst Kontakt aufzunehmen und auch den Weg ins Gangway-Büro finden. Im Fokus haben die Sozialarbeiter besonders Jugendliche zwischen 14 und 21 Jahren, die sich draußen aufhalten und von den herkömmlichen Institutionen wie Jugendfreizeiteinrichtungen nur schwer erreicht werden. „Unsere Arbeit ist wie die Arbeit in einem Jugendklub, nur ohne Jugendklub“, beschreibt es Teresa. Die jungen Leute bestimmen die Regeln, und Teresa, Steven und ihr dritter Kollege Alen begleiten sie nur auf ausdrücklichen Wunsch hin auch zu Ämtern wie dem Jobcenter, zu Gerichtsverhandlungen oder bei Besuchen im Gefängnis. Geht es um Probleme von Minderjährigen, hat das Gangway-Team auch die entsprechenden Kontakte zum Jugendamt. In jedem Amt gebe es „Perlen“, an die man sich wegen unbürokratischer Hilfen wenden könne. Die Themenpalette ist groß: bei den durch Gangway aufgesuchten jungen Menschen geht es häufig um Schulden, drohende Verdrängung, beengte Wohnverhältnisse und den Wunsch, bei den Eltern auszuziehen sowie um Schulprobleme oder Zusammenstöße mit der Polizei. Gerade die Wohnungsfragen werden in der letzten Zeit immer drängender, so die Beobachtung. Bei Obdachlosigkeit schalten Steven, Teresa und Alen ein ‚Erwachsenenteam“ ein, das in diesem Bereich mehr Erfahrungen hat. Bei Gangway in Berlin arbeiten 14 Teams mit Jugendlichen, 3 mit Erwachsenen und 6 unterbreiten ergänzende Angebote. Vertrauen zu den Jugendlichen aufzubauen sei das A und O und gestaltet sich oftmals schwierig, berichtete Steven. Mit insgesamt rund 180 bis 190 Jugendlichen ist das Dreierteam in Moabit in losem Kontakt, mit rund 40 in engerem Kontakt. Wobei Teresa und Steven betonen, dass sie keine klassische Einzelfallarbeit leisten. 

Sport bei Flutlicht: jeden Monat im Zeitraum von November bis März, 2023 beginnend mit dem Wochenende der Zeitumstellung auf die Winterzeit, organisieren sie eine Spo(r)t-Nacht. Da beleuchtet Gangway die Plätze in Moabit, an denen sich Jugendliche treffen, von 17 bis 20 Uhr mit Lichtstrahlern und macht ihnen dort passende sportliche Angebote. „Wir sind zu Gast bei den Jugendlichen“ beschreibt Teresa das Schöne an ihrer Arbeit, die sich vor allem im Bereich nördlich der Turmstraße, z.B. am Stephanplatz und auf Spielplätzen wie denen in der Emdener und Lehrter Straße, abspielt. Kontakt zum Gangway Team Tiergarten: Jagowstraße 20, 10555 Berlin, Sprechzeiten: donnerstags von 15 bis 18 Uhr, Tel: 030 / 392 33 74, https://gangway.de/teams/team-tiergarten 

Diakoniegemeinschaft Bethania: Spielplatzbetreuung und Konfliktbewältigung

Um die Jüngeren ging es bei Ramona Granson von der Diakoniegemeinschaft Bethania. Sie erzählte den Plenumsgästen von der mobilen Spielplatzbetreuung ihres Trägers, der seit 1996 existiert und ein anerkannter Träger der freien Jugendhilfe ist. Das Betreuungangebot des Viererteam von Bethania wendet sich an Kinder und Jugendliche im Alter bis zu 15 Jahren. Es ist ein niedrigschwelliges Spielangebot, das auf Plätzen wie dem Emmi-Spielplatz in der Emdener Straße an drei bis vier Wochentagen nachmittags stattfindet. Es sei ein guter Einstieg, bei dem die Kinder über ihre Probleme erzählen können. 

Ein zweites Angebot der Bethania ist die Konfliktbewältigung. Dazu ist das Team von März bis November an fünf Tagen pro Woche vor Ort unterwegs, vor allem auf dem Emmi-Spielplatz. Dort wird auch bei den Schulaufgaben der Kinder mitgeholfen, was nicht immer leicht ist, weil es nur wenige Sitzbänke gibt und der Platz manchmal komplett „ausgebucht“ ist. Bei den Kindern gibt es ähnliche Problemlagen wie bei den vom Gangway e.V. betreuten Jugendlichen, z.B. daheim beengter Wohnraum und zu wenige Rückzugsmöglichkeiten. Begrüßenswert sei, dass die während der Corona-Pandemie von den Plätzen verschwundenen Mädchen aktuell wieder mehr dort präsent sind und zum Spielen kommen. Kontakt zur Diakoniegemeinschaft Bethania: https://bethania.de

Was hilft?  

Taylan Kurt, der für die Grünen im Berliner Abgeordnetenhaus sitzt, wies auf viele Gelder hin, die aktuell für die Jugendgewalt-Prävention zur Verfügung stehen und mit denen die Sozialarbeit in Berlin weiter ausgebaut werden soll.

Esther Klobe-Weihmann fragte die Vertreter der drei Vereine, ob sie in einem Satz zusammenfassen können, welche Unterstützung sie benötigen. Marvin vom We Keez e.V. warb nochmal für die Wintermarkt-Veranstaltung am 9. Dezember 2023 in der KuFa mit: „Bringt Eure Nachbarn mit!“ Das Gangway-Team betonte, dass für die Arbeit mit den Jugendlichen beständig finanzierte Jugendfreizeiteinrichtungen und Personal extrem wichtig sind. Und Ramona Garson von Bethania ergänzte, dass Personal nur durch Beständigkeit in der Bezahlung zu halten sei, und dass nur gutes und beständiges Personal den Beziehungsaufbau zu Kindern und Jugendlichen ermögliche.

„Kiez machen“: Mobile Stadtteilarbeit in Moabit

Katharina Homann und Susann Wehrmann vom Moabiter Ratschlag e.V. berichteten über die mobile Stadtteilarbeit in Moabit, genauer gesagt um diese Arbeit durch zwei Teams á zwei Frauen im Osten Moabits (Katharina Homann und Kyra Scharf) und im Westen (Susann Wehrmann und Jule Elea Paul). Alle vier Kolleginnen setzen sich für ein nachbarschaftliches Miteinander im Kiez ein, unterstützen die Bewohnerschaft dabei, in bestehenden Beratungs- und Hilfsangeboten anzukommen und möchten dabei helfen, den Kiez lebenswerter zu gestalten. Beide Teams sind viel draußen in Moabit unterwegs, und ab 2024 wird die Ost-Truppe zusätzlich auch die Organisation vom Nachbarschaftsladen „Stephans“ übernehmen. Susann Wehrmann vom West-Team fasste die Tätigkeiten mit Hilfe einer Präsentation zusammen. Das Spektrum von „Kiez machen“ ist groß und bietet Aktivitäten nach dem Motto „Begegnung ermöglichen“ von Kleidertausch-Veranstaltungen über gemeinsames Grillen, Kochen, Backen und Basteln bis hin zur „Kiezpoesie“. Diese Aktion, bei denen alle Interessierten aus der Nachbarschaft dichteten und texteten, waren rund 160 Leute beteiligt. Ihre Werke wurden dann an 60 Orten im Quartier in den Schaufenstern ausgehängt. Bei einer im Herbst 2023 organisierten Tortenralley kamen 60 Gäste zusammen. 15 von ihnen hatten zuvor eine Torte gebacken. Eine Jury wählte die besten Torten aus, und es gab eine Preisverleihung. Susann Wehrmann brachte noch viele weitere Beispiele der mobilen Stadtteilarbeit wie den Bau eines Parklet und die Pflanzaktion vor dem „Stephans“. Sie und ihre drei Kolleginnen stellen die Infrastruktur für alle diejenigen zur Verfügung, die in Moabit etwas auf die Beine stellen möchten, das für die Nachbarschaft von Nutzen ist. Sie vermitteln auch geeignete Beratung und Unterstützung, ob bei Mietschulden, häuslicher Gewalt oder Sportkursen für Kinder. In die Datenbank „Moafinder“ tragen sie regelmäßig stattfindende Angebote ein, ob es ums Töpfern, Chorgesang, Sport oder Sprachkurs geht - hier finden sich viele Orte und Angebote in Moabit: https://www.moabit.world/moafinder

Ganz analog organisierte „Kiez machen“ einen persönlichen Austausch in Form eines „Speed-Datings“, bei dem sich Neulinge in Sachen ehrenamtliches Engagement an einer großen Tafel im Stadtschloss-Hof mit aktiven Akteuren aus der Nachbarschaft mischten. Darunter waren Experten aus Politik und Verwaltung wie z.B. eine Bundestagsabgeordnete. Beim Moabiter Kunstfestival „Ortstermin“ boten Susann Wehrmann und ihre Kolleginnen nach dem Motto „Kein Ort und kein Termin“ Künstlern ohne Atelier eine Plattform. Und vier Mal im Jahr gibt es einen Kinder-Kleidertausch in Zusammenarbeit mit dem SOS-Kinderdorf. Kontakt zur Mobilen Stadtteilarbeit in Moabit per Mail unter keizmachen@moabiter-ratschlag.de oder telefonisch unter 0159 068 484 80 und 0157 581 518 72 und hier

Susanne Wehrmann wies auf die Berliner Kältehilfe hin - mehr dazu ist auf https://www.kaeltehilfe-berlin.de zu finden.

Taylan Kurt berichtete darüber, dass das Stadtteilzentrum Moabit-Ost neben dem Zillehaus entstehen soll. Die Wilsnacker Straße wird zur Fahrradstraße, und die Bruno-Lösche-Bibliothek wird keinen Neubau zusammen mit der Staatsanwaltschaft erhalten. 

Peter Kapsch, Stadtteilkoordinator von Moabit Ost, wies auf das Kiezgespräch mit Bezirksstadtrat für Stadtentwicklung und Facility Management, Ephraim Gothe, am 6.12.23 um 17 Uhr im Theatersaal des Zillehauses hin. Interessenten sind herzlich willkommen. Kontakt hier

Das Stadtteilplenum ist ein offenes Plenum in Moabit, das seit 2002 durch das Quartiersmanagement Beusselstraße (Moabit West) in Kooperation mit dem Moabiter Ratschlag e.V. organisiert wird. Seit 2021 sind auch das Quartiersmanagement Moabit Ost und die Stadtteilkoordinationen Moabit West und Ost im Planungsteam beteiligt. Seit jeher wirkt auch der B-Laden an der Organisation mit.

Das nächste Plenum findet am 27. Februar 2024 statt. Die Themen und der Veranstaltungsort werden zeitnah bekanntgegeben.

Die Berichte zu den vergangenen Plena können Sie hier beim QM Beusselstraße nachlesen.

Dieser Artikel erschien zuerst auf der Webseite des QM Beusselstraße und in dessen Auftrag.

Text & Fotos: © Gerald Backhaus 2023