Lebendig: die Turmstraße (Foto: KoSP GmbH)
Das KoSP-Team beim Interview im...
...Stadtteilladen in der Krefelder (Foto: KoSP GmbH)
Franziska Kind
Karsten Ketzner
Erwachsenenbeteiligung an der "Kulturmanege" (Foto: KoSP GmbH)
Arminiusstraße (Foto: KoSP GmbH)
Begründungsprogramm in der Lübecker Straße (Foto: KoSP)
Beim Tag der Städtebauförderung 2023 (Foto: KoSP GmbH)
Das Prozesssteuerer-Team beim Moabiter Kiezfest 2023 (Foto: KoSP GmbH)
Werbung für den Podcast von KoSP während der Corona-Zeit (Foto: KoSP GmbH)

„Ins Gelingen verlieben“

Über die Stadtentwicklung in Moabit: Interview mit dem Koordinationsbüro KoSP als Prozesssteuerung im Lebendigen Zentrum und Sanierungsgebiet Turmstraße

von Gerald Backhaus 

Wir treffen uns zur Sprechstunde im Stadtteilladen in der Krefelder Straße 1A. Projektleiterin Franziska Kind und ihr Kollege Karsten Ketzner, die beide Stadt- und Regionalplanung studiert haben, halten donnerstags hier immer ihre Sprechzeiten ab. Zu ihrem Team gehören außerdem Ada Partsch, Johannes Wildhack und Lennart Meyer. Sie kommen vom Hauptsitz des Koordinierungsbüros Stadtentwicklung + Projektmanagement GmbH, kurz KoSP, nahe der Bernauer Straße häufig mit der Straßenbahn M10 nach Moabit gefahren, Ausstieg an deren neuer Endhaltestelle Turmstraße. Mit der Verlängerung dieser Tram-Linie nach Moabit haben sie sich im Rahmen ihrer Arbeit auch beschäftigt. 2010 wurde das Fördergebiet Turmstraße eingerichtet, und seit 2016 dient der Stadtteilladen im Auftrag des Bezirksamts Mitte als „Basislager“ für die Arbeit der Prozesssteuerer. In den Räumlichkeiten haben auch das Geschäftsstraßenmanagement, die Mieterberatung und die Stadtteilvertretung ihren Sitz. Außerdem wird der Stadtteilladen an soziale und kulturelle Einrichtungen und Initiativen, wie das Kino für Moabit, Fuss e.V. oder den Väteraufbruch für Kinder e.V., zur Verfügung gestellt. Die Sprechzeiten sind so gestaffelt, dass der Laden an Werktagen immer mindestens stundenweise geöffnet ist. Die Gewerberäume in der Krefelder Straße wurden bewusst ausgewählt, weil sie sich mitten im Städtebaufördergebiet Lebendiges Zentrum Turmstraße befinden.

Städtebauförderung? Sanierungsgebiet?

Ein solches Gebiet wird vom Berliner Senat bestimmt, wenn das Quartier gegenüber anderen Stadtbereichen benachteiligt ist - sei es baulich, strukturell, funktional oder sozial - und die Kommune deshalb dort intervenieren möchte. Was das bedeutet? Durch Interventionen z.B. in Form von baulichen Infrastrukturprojekten wie der Verbesserung des Umfeldes der Arminiusmarkthalle - die Straßenbahnlinie wäre ohnedies gekommen - soll das Fördergebiet auf ein höheres Niveau gehoben werden, damit es im Wettbewerb mit anderen Quartieren (wieder) gut bestehen kann. Je nach konkreter Problemlage kommen dabei verschiedene Förderprogramme zum Einsatz. In Moabit sind das neben dem Lebendigen Zentrum Turmstraße auch Nachhaltige Erneuerung und die zwei Quartiersmanagements Moabit-Ost und Beusselstraße durch das Programm Sozialer Zusammenhalt. Die unterschiedlichen Träger dieser Programme treffen sich zwecks Absprachen und Koordination regelmäßig in der AG Förderkulissen, an der auch die Prozesssteuerer von KoSP teilnehmen. Das Lebendige Zentrum möchte die Gegend um die Turmstraße als Stadtteilzentrum von Moabit stärken. Vor Jahren kam es hier zur Ansiedelung von Billigläden, Spielhallen und Wettbüros. Außerdem war ein vermehrter Ladenleerstand zu verzeichnen. Hinzu kam das große Anwachsen des Onlinehandels gegenüber des stationären Handels. Die Folgen: Fachgeschäfte, aber auch Arztpraxen schlossen oder wanderten ab.

Moabit attraktiver machen

Hauptziel des Programms Aktive Zentren ist es darum, dieser Entwicklung mit gezielten Fördermaßnahmen entgegen zu wirken. Die Attraktivitätserhöhungen sollen dabei helfen, höherwertigen Handel und Dienstleistungen anzuziehen. Um das Gebiet attraktiver zu machen, wird mit Hilfe von Fördermitteln das städtebauliche Umfeld verbessert. Dazu gehören neben der Neugestaltung von Spielplätzen und Grünanlagen auch Kultur- und Freizeitangebote. Für Moabit war es ein großer Schritt, dass die Turmstraße durch die Tram besser an den öffentlichen Nahverkehr angeschlossen wurde. Auch bei der Arbeit von KoSP spielt das Thema Mobilität eine große Rolle. „Das große Rad zu drehen“, beschreibt Karsten Ketzner die Aufgabe von Prozesssteuerung. Durch KoSP initiiert werden viele Einzelprojekte gemeinsam mit privaten Investoren und den zuständigen Verwaltungen. Im Fall der Kulturmanege auf dem Otto-Spielplatz sind das z.B. das Jugendamt als verantwortliche Fachverwaltung sowie das Amt für Bildung und Kultur und das Stadtentwicklungsamt des Bezirkes Mitte.

Ein aktuelles Projekt mit Strahlkraft: Kulturmanege auf dem Ottoplatz

2022 kam Bernd Brunner vom Moabiter Ratschlag e.V., der das Spielplatz-Areal leitet, auf Franziska Kind und Karsten Ketzner mit der Idee zu, ein vielfältig nutzbares Zirkuszelt auf dem Ottoplatz-Gelände aufzustellen. Die Prozesssteuerung von KoSP begleitet dieses Projekt von der Idee bis zur Fertigstellung, Dazu gehörte zunächst die Organisation von Projektrunden, die Organisation eines Beteiligungsverfahrens, der Entwurf eines Förder- und Kooperationsvertrages und die Beantragung von Fördermitteln. 2024 laufen Ausschreibungen, u.a. um einen geeigneten Zelthersteller und eine Garten- und Landschaftsbau-Firma zu finden. Ziel ist es, das Zirkuszelt im Herbst 2024 aufzustellen. Damit es soweit kommt, müssen Ketzner, Kind und ihr Team weit im Voraus denken. „Es kommt vor, dass wir, um etwas anzuschieben, schon an die Entwicklung eines Projektes gehen, bevor es zur Förderung kommt.“ Grundlagen für die Förderung von Projekten wie der Kulturmanege unter dem Motto „Stärkung kultureller Orte“ ist das Integrierte Städtebauliche Entwicklungskonzept (ISEK 2020) sowie ein kooperatives Handeln und Netzwerken mit den Akteuren im Kiez. 

Vom Beteiligungsgremium: Stadtteilvertretung Turmstraße (StV) und geglückten Projekten

Apropos Akteure, Interessierte aus der Nachbarschaft können die Möglichkeit nutzen, sich in der Stadtteilvertretung Turmstraße (StV) einzubringen. Als Mitglied der StV hat man Rederecht im Ausschuss und kann direkt an die Spitzen der Bezirkspolitik herantreten. KoSP organisiert die Wahl dieses Bürgergremiums. Einmal im Monat trifft sich der Sanierungsbeirat. Dann informieren Bezirksamt, Geschäftsstraßenmanagement und die Prozesssteuerer die Stadtteilvertretung über aktuelle Projekte, nicht nur im Baubereich. Zum „Strauß an Sanierungszielen“, die in Moabit bereits erreicht wurden, zählen die Aufwertung des Kleinen Tiergartens und Ottoparkes, des Umfeldes der Arminiusmarkthalle, der Heilandskirche, der Kindertagesstätten in der Havelberger, Rathenower und Emdener Straße sowie die Begleitung der Maßnahmen im Schultheiß-Quartier. „Ins Gelingen verlieben“ zitiert Karsten Ketzner dazu den zuständigen Bezirksstadtrat Ephraim Gothe. Noch in der Planungsphase sind die Umgestaltung des Brüder-Grimm-Hauses in der Turmstraße 75 zum Ort für Kunst und Kultur sowie der Umbau der Lübecker Straße. Bis 2028 sollen in der Lübecker über 5 Millionen Euro in aufwertende bauliche Maßnahmen investiert werden. 

Was geschieht mit dem GSZM-Areal und der Bremer Straße?

Für den Masterplan des GSZM-Geländes, auf dem früher das Krankenhaus Moabit beheimatet war, wurde „Phase 0“ beendet, so Karsten Ketzner. In dieser sind die Vorstellungen der Verwaltungen und die Belange der Nutzer an die Weiterentwicklung des Areals zusammengetragen worden. Das bedeutet, dass noch nicht feststeht, ob und wie es dort eine stadtteilverträgliche Verdichtung geben soll. Der Bibliotheks-Neubau neben der Staatsanwaltschaft scheint vorerst vom Tisch zu sein, denn er steht nicht mehr in der Investitionsplanung des Senats bis 2028. Ein Areal für Gesundheits- und soziale Dienstleistungen in Moabit soll das GSZM jedoch bleiben. (Artikel über GSZM von 2020). Außerdem wurde seitens der Bezirksamtes beschlossen, das Gebiet um die Bremer Straße zu entwickeln, was u.a. eine Erneuerung der Jugendverkehrsschule beinhaltet. In der sehr aktiven AG Mobilität der Stadtteilvertretung werden Pläne zur Weiterführung der Straßenbahnlinie M10 über die Turmstraße hinaus diskutiert. Entwurfsplanungen bis zum S-Bahnhof Jungfernheide 2026/27 sind im Gange.

Wie geht's weiter ab 2026?

Ende 2026 wird das Sanierungsgebiet Turmstraße beendet sein. Doch auch danach wird es noch für einige Jahre eine Prozesssteuerung geben, dann mit anderen Aufgaben. Auch die beiden Moabiter Quartiersmanagements werden nach 2027 verschwunden sein. Doch „wie geht’s weiter ohne uns?“ Karsten Ketzner stellt sich vor, dass es in der Zeit danach ein oder zwei Moabiter Gremien geben wird. Mit rund 84.000 Einwohnern sei die Moabiter Insel immerhin so groß wie eine Mittelstadt. „Diese Gremien brauchen Aufgaben und Rechte.“ Doch ist 2026 lange hin und aktuell beschäftigt ihn und Kollegin Kind u.a. das geplante Parklet mit Grünpflanzen vor der Tür des Stadtteilladens. Damit soll die Prozessteuerung sichtbarer im Kiez werden. Apropos sichtbarer: im Schaufenster hängt ein grüner Herrnhuter Weihnachtsstern. Damit macht die Händlergemeinschaft Turmstraßeninitiative Moabit (TIM) auf sich aufmerksam. Sie ist eines der vom Geschäftsstraßenmanagement betreuten Netzwerke. Die TIM veranstaltet das jährliche Kiezfest im September mit und nimmt daran als Akteur teil sowie an Oster- und Weihnachtsaktionen. 

Bitte mitmachen!

Konkret kann man sich an die Prozesssteuerung von KoSP wenden, wenn man Interesse am Begrünungsprogramm hat, die Räume des Stadtteilladens nutzen oder sich in der Stadtteilvertretung Turmstraße engagieren möchte. Die nächste Wahl zur Stadtteilvertretung steht im Frühjahr 2024 an. Kandidieren und wählen können alle, die hier wohnen, sowie hier ansässige Gewerbetreibende, Eigentümer und sozial Engagierte. Der Wahlbereich ist etwas größer als das Fördergebiet. Mehr Informationen und Wahlunterlagen aus dem Jahr 2021, die als Vorbild für 2024 dienen, gibt es unter https://www.turmstrasse.de/mitgestalten/stadtteilvertretung

Übersicht über das Lebendige Zentrum und Sanierungsgebiet Turmstraßewww.turmstrasse.de 

Projekte 

Alle Projekte findet man aufgelistet und detailliert beschrieben auf http://www.turmstrasse.de/projekte 

Mehr grün statt grau! Zum Begrünungsprogramm für das Fördergebiet Turmstraße und den Nahraum Bremer Straße: www.turmstrasse.de/projekte/begruenungsprogramm 

Termine 

Am Tag der Städtebauförderung am 4. Mai 2024 wird von 14 bis 17.30 Uhr die feierliche Eröffnung des Spielplatzes in der Elberfelder Ecke Essener Straße stattfinden. 

Kontakt  Koordinationsbüro für Stadtentwicklung und Projektmanagement – KoSP GmbHFehrbelliner Straße 50, 10119 BerlinFranziska Kind, Karsten Ketzner, Ada Partsch, Johannes Wildhack und Lennart MeyerTel. (030) 3300 28 35, E-Mail: turmstrasse@kosp-berlin.de neue Webseite: https://www.kosp-berlin.de/ Sprechstunden im Stadtteilladen Krefelder Straße 1A, 10555 BerlinDo 15:30 bis 18 UhrTel. vor Ort: (030) 23 94 53 39

Text & Fotos (wenn nicht anders gekennzeichnet): © Gerald Backhaus 2024