Der Stadtteilladen in der Krefelder Straße 1 A
Jayde Bubeloff (links) und Catharina Hamerle (rechts) vom Geschäftsstraßenmanagement Turmstraße (GSM) zeigen die Kiezkarte...
...und das ist die "Turm Tüte"
Kiezfest 2022, Foto: Sebastian Jauregui
Kiezfest 2022, Foto: Sebastian Jauregui
Kiezfest 2022, Foto: Sebastian Jauregui
Bei einer kulinarischen Reise 2022, Foto: LIFE e.V.
Bei einer kulinarischen Reise 2022, Foto: LIFE e.V.
Viele teilen sich die Räume in der Krefelder

Aktives Zentrum Turmstraße

Zwei Frauen als „Mittelsmänner“ bei der Aufwertung, Vernetzung und Förderung im Herzen von Moabit: Jayde Bubeloff und Catharina Hamerle vom Geschäftsstraßenmanagement Turmstraße

 von Gerald Backhaus

Was das Quartiersmanagement in Moabit alles auf die Beine stellt, ist vielen hier im Kiez hinlänglich bekannt, doch wie verhält sich das bei anderen Akteuren wie dem Geschäftsstraßenmanagement Turmstraße, kurz GSM? Besuch im Stadtteilladen in der Krefelder Straße 1a. Es ist ein Mittwochvormittag und es steht noch Obst auf dem großen Tisch, weil kurz zuvor das TIM-Frühstück hier stattfand. Die Abkürzung TIM steht für die Turmstraßen-Initiative-Moabit. Dieses Netzwerk von Gewerbetreibenden ist eines der Bausteine des Geschäftsstraßenmanagements, erläutert Jayda Bubeloff. Die junge Frau stammt aus Kanada, hat Sozialarbeit studiert und arbeitet seit März 2022 hier in Moabit für die raumplaner GmbH. Dieses Charlottenburger Büro für Stadt- und Regionalentwicklung ist bereits seit 2011 für die Entwicklung der Turmstraße als Geschäftszentrum tätig. Sein Auftraggeber ist das Bezirksamt Mitte. Jaydas Kollegin Catharina Hamerle stammt aus Regensburg. Sie hat Psychologie und ein paar Semester Architektur studiert. 2019 kam sie über ein Praktikum zum Büro die raumplaner. Was das GSM macht, beschreibt sie wie folgt: Gemeinsam mit den Moabiter Gewerbetreibenden und anderen lokalen Akteuren versuchen sie und ihre Kollegin Jayda, die Turmstraße als Geschäftsstraße weiterzuentwickeln.

Ansprechpartnerinnen für ansiedlungsinteressierte Gewerbetreibende, Vereine und Investoren

„Gemeinsam werden (Marketing-)Aktionen, Projekte und Veranstaltungen durchgeführt, die ein positives Image der Turmstraße nach innen und außen tragen und die Vernetzung der lokalen Akteure fördern.“ Darüber sind die beiden Frauen vom GSM „Mittelsmänner“ in vieler Hinsicht, z.B. als Ansprechpartnerinnen für ansiedlungsinteressierte Gewerbetreibende, Vereine und Investoren. Mindestens einmal im Monat erreicht sie eine Anfrage nach verfügbaren Geschäftsräumen in Moabit und dann helfen Jayda und Catharina gern bei der Suche. Das sei nicht einfach, weil oftmals die Interessen kollidieren, also z.B. in vielen Objekten keine Gastronomie erwünscht ist. Aber auch Kinderläden als Mieter sind nicht einfach zu vermitteln. Als „klassische TIM-Aktion“ bezeichnet Catharina eine Schaufenster-Tauschaktion, die für den kommenden Herbst geplant ist. Dazu wird eine professionelle Schaufensterdekorateurin große weiße Kisten mit der jeweiligen Geschäftsidee der beteiligten Betriebe gestalten. Diese Kisten werden dann in das Schaufenster eines anderen Ladens integriert. Nach vier Wochen werden die Kisten untereinander getauscht. Der angestrebte Effekt: zehn Gewerbetreibende werben gegenseitig füreinander. Als eine weitere erfolgreiche Sache beschreibt Jayda die Zusammenarbeit mit dem Projekt „Mehrweg statt Einweg“, das durch das Städtebauförderprogramm „Lebendige Zentren und Quartiere“ mit finanziert wurde und zusammen mit dem GSM „kulinarische Reisen“ im Gebiet rund um die Markthalle veranstaltet.

Von "Turm Tüte" bis Kiezfest

Das GSM vermarktet den Standort Turmstraße, was die beiden ganz plastisch machen mit der „Turm Tüte“ aus Papier, die auf dem Tisch steht, einem mit Moabit-Motiven gestalteten Jutebeutel, dem „Turm Beutel“, sowie mit der Kiezkarte, die seit 2015 erscheint und 2022 aktualisiert herausgebracht wurde. Neben diesen Marketingprodukten gehören zur Arbeit von Catharina und Jayda die Pflege des Netzwerkes TIM sowie die Organisation des Moabiter Kiezfestes. 2023 findet es am 16. September zum neunten Mal rund um das Rathaus Tiergarten statt. Dort gehören das GSM neben Akteuren wie Unternehmensnetzwerk Moabit e.V., Frecher Spatz, Moabiter Ratschlag, CJD und BC Lions zum Planungsteam.

Zum Hintergrund: Sanierungsgebiet und Geschäftsstraßenkonzept

Die Turmstraße als traditionelle Geschäftsstraße wurde im berlinweiten Stadtentwicklungsplan Zentren 2030 als Stadtteilzentrum eingestuft. Aufgrund von „erheblichen Funktionsschwächen und eines schleichenden Bedeutungsverlustes als Einkaufsstraße“ wurde das Gebiet rund um die Turmstraße im Jahr 2008 in das Förderprogramm „Lebendige Zentren und Quartiere“ aufgenommen und im April 2011 als Sanierungsgebiet festgelegt. Auf dem Tisch im Stadtteilladen liegt auch eine Broschüre: das Geschäftsstraßenkonzept. Diese strategische Grundlage für die Arbeit des GSMs wurde 2022 erneut aktualisiert. Das Konzept beinhaltet neben der Darstellung von Analysedaten - also dem aktuellen Ist-Zustand - auch die daraus abgeleiteten Ziele und Maßnahmen für die Weiterentwicklung der Geschäftsstraße.

Geld für Projekte aus dem Gebietsfonds

Ein weiterer wichtiger Baustein der Arbeit des GSMs ist die Vergabe von Fördermitteln aus dem Gebietsfonds. Wer eine Projektidee zur Aufwertung und Verschönerung der Turmstraße hat - sei es durch Fassadengestaltung, attraktive Außen-Bestuhlung, Markisen oder auch Musik-Aktionen wie das Brass-Festival - kann sich aktuell gern bei Catharina und Jayda melden. Bis zu 50 Prozent der Investitionskosten können aus dem Gebietsfonds finanziert werden. 5.000 Euro stehen dafür pro Jahr zur Verfügung. 2022 wurden vier Anträge gestellt, von denen drei bewilligt wurden. In diesem Jahr kam erst ein Projektantrag zur Umsetzung, und zwar die Freilicht-Ausstellung „50 Jahre Otto-Spielplatz“ des Trägers Moabiter Ratschlag e.V. Was durch den Gebietsfonds gefördert wurde, kann man sich zur Inspiration z.B. an der Fassade des veganen Cafés Mana in der Bremer Straße 67 neben der Arminiusmarkthalle anschauen.

Markthalle Neun in Moabit?

Apropos Markthalle, provokante Frage: wann kommt die endlich mal aus dem Knick und erlebt einen Boom wie die Markthalle Neun in Kreuzberg? Eine solche Entwicklung sei von vielen hier in Moabit gar nicht gewollt, entgegnet Jayda. Moabit beschreiben sie und ihre Kollegin als vielseitig, bunt und multikulturell. Die Arminiusmarkthalle gehöre zu den „versteckten Schätzen“, die außerhalb des Stadtteiles nur wenige kennen. Und die Schattenseiten aus Sicht der beiden Geschäftsstraßenmanagerinnen? Moabit liegt zwar zentral in Berlin, ist aber verkehrstechnisch nicht besonders gut angebunden. Die Turmstraße und ihre Seitenstraßen erlebten viele Änderungen in den letzten Jahren. Die Fluktuation der Geschäfte sei hoch. Ein gut gehendes und liebevoll saniertes Lokal in der Gotzkowskystraße z.B. wurde erst kürzlich aufgegeben, und diese Gewerbefläche wird nun auf Immoscout zu Vermietung angeboten. Mit Hauseigentümern z.B. über eine Zwischennutzung ins Gespräch zu kommen, sei oftmals ein sehr schwieriges Unterfangen. Leerstehende Flächen im Gebiet zu zählen, gehört auch zu den Aufgaben von Catharina und Jayda. Jedes Jahr macht das GSM ein sogenanntes „Bestandsmonitoring“. Das bedeutet, dass sie eine Leerstandsliste erstellen, die dann verschiedenen Gremien und dem Bezirksamt Mitte präsentiert wird. Droht dem Gebiet ein „Trading Down Effekt“? So bezeichnen Stadtplaner die Entwicklung eines Stadtteils, in dem es vermehrt leerstehende Gewerbeflächen und vorwiegend nur noch Billigläden gibt. Auf dieser Grundlage wird im Amt dann überlegt, ob es ratsam wäre, hier Fördermittel zu investieren.

Zusammenarbeit mit QM und Prozesssteuerer KoSP

Für alle Maßnahmen und Veranstaltungen, die zusammen mit den Gewerbetreibenden initiiert werden, ist das Geschäftsstraßenmanagement die Koordinierungs- und Netzwerkstelle. Mit den anderen „Förderkulissen“, z.B. den beiden Quartiermanagements Moabit-Ost und Beusselstraße, hat das GSM dabei manchmal Überschneidungen. So wurde beispielsweise der „Dezentrale Wintermarkt“ in den vergangenen Jahren von allen drei Institutionen finanziell unterstützt. Besonders eng arbeitet das GSM mit dem Koordinationsbüro für Stadtentwicklung und Projektmanagement (KoSP GmbH) als Prozesssteuerung zusammen. Die KoSP GmbH unterstützt das Bezirksamt Mitte bei allen Fragen der Sanierung und übernimmt wesentliche Querschnittsaufgaben in der Städtebauförderung. Gemeinsam mit der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen, dem Bezirksamt und dem GSM stimmt dieses Koordinationsbüro die Arbeit im Förder- und Sanierungsgebiet Turmstraße ab. Ein regelmäßiger Austausch aller Beteiligten erfolgt mit der Stadtteilvertretung Turmstraße im Rahmen des monatlichen Sanierungsbeirats.

Bitte vorbei kommen!

Das Geschäftsstraßenmanagement Turmstraße (GSM) läuft noch bis Ende 2025. Seine Sprechzeiten im Stadtteilladen sind immer dienstags von 15 bis 18 Uhr sowie donnerstags von 9 bis 11 Uhr. Die TIM-Frühstücke als Treffen der Gewerbetreibenden rund um die Turmstraße finden immer mittwochs im Zwei-Monats-Rhythmus um 8.30 Uhr dort statt, in diesem Jahr noch am 20.9. und am 15.11. Den Stadtteilladen teilt sich das GSM mit weiteren Institutionen wie KoSP, Stadtteilvertretung Turmstraße, Mieterberatung Moabit und dem Wanderkino-Projekt „Kino für Moabit“.

Kontakt und weitere Informationen:

Geschäftsstraßenmanagement Turmstraße, Stadtteilladen Krefelder Straße 1A, 10555 Berlin, Tel. 030 23938508, E-Mail gsm@turmstrasse.dewww.turmstrasse.de

„Entdecke Deine Nachbarschaft“ - neue Webseite: www.moabiterinsel.de

 Text & Fotos (wenn nicht anders gekennzeichnet): © Gerald Backhaus 2023